Die Christliche
Gedächtnisfeier

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Neugestaltung als Ausdruck des Glaubens

Es wäre wohl berechtigt anzunehmen, dass die Worte Jesu, die von Anfang an so viel bewirkt haben, auch in unserer Zeit von den Menschen wahrgenommen und befolgt werden können. Doch die Welt beschreitet ihre Wege, die allzu oft ins Unglück und Elend führen, in vieler Hinsicht abseits davon. Das Reich Gottes, von dem Jesus spricht, und das in uns allen als ungestillte Sehnsucht angelegt ist, bildet bei Weitem nicht das Ziel allen Bemühens. Viel zu wenige gestalten ihr Leben konsequent im christlichen Sinn, um Heil und Heilung zu bewirken. Vergessen, verdrängt und vernachlässigt ist anscheinend, was die Seligpreisungen der Frohbotschaft verheißen.

Angesichts dessen müsste eine lebendige, geachtete und fruchtbringende Kirche das einzig Entscheidende tun, nämlich das Bewusstsein von den Wesenselementen des Christentums wach zu erhalten. Ihr gesamtes Tun und jede Begegnung mit ihr sollten die Werte des Glaubens, die zugleich Merkmal wahrer Menschlichkeit sind, einprägen und zu deren Befolgung motivieren. So sehr auch manch kirchliches Bemühen und viel christliches Engagement zu würdigen sind – oft fällt all das so wie die Saat im Gleichnis Jesu nicht auf fruchtbaren Boden. Jenes Unkraut, das stattdessen wuchert, nennt ein Papst unserer Zeit Klerikalismus. Es ist auch bei den kirchlich veranstalteten Glaubensfeiern wahrzunehmen.

Es bedarf daher unbedingt eines Bemühens, das wieder zu einem viel tieferen Verstehen des Glaubens führt! Gemeinschaftliche Zusammenkünfte, die das Wirken Jesu und seine Botschaft an alle Menschen guten Willens unverfälscht in Erinnerung rufen und einprägen, sollten das bewirken oder doch wesentlich dazu beitragen. Sie könnten im Austausch suchenden Strebens und gegenseitiger Zuwendung zur Erkenntnis und Festigung jener Gesinnung führen, die Christentum im eigentlichen Sinn bedeutet. Sie muss in unser ganzes und daher gerade auch tägliches Leben hineinwirken!

Dass es daran so oft fehlt, wird in der heutigen Praxis des Glaubens auch empfunden. Der Wunsch nach Abhilfe kommt bereits da und dort in von Laien und auch Frauen geleiteten frei gestalteten Feiern zum Ausdruck. Sie finden meist dann statt, wenn kein geweihter Priester zur Verfügung steht und so genannte Wortgottesfeiern einen Ersatz bilden sollen. Aber geltender Vorschrift entsprechend wird dabei gerade das verabsäumt, wozu Jesus aufgefordert hat, nämlich durch das gemeinsame Brotbrechen und Trinken des Bechers seine Gegenwart in vollem Sinn zu erleben. Das geschieht derzeit nur selten in privatem Rahmen und wird auch immer noch als „Simulation der Eucharistiefeier“, in Wahrheit aber als Usurpation klerikaler Vorrechte, mit Kirchenstrafe bedroht.

Dieser Mangel ist nicht hinzunehmen. Deshalb wollen wir dazu ermutigen, immer dann, wenn es angezeigt ist, authentische christliche Gedächtnisfeiern zu begehen. Nicht in ausweichenden Verlegenheitsformen, wie etwa als Agape (die Wortbedeutung ist Liebesmahl), sondern unter Wahrung des tatsächlichen Charakters der Eucharistie als Quelle und Höhepunkt, und vor allem als Ausdruck christlichen Lebens!

In dieser Feier soll bewusst werden, dass der Mensch als von Gott geschaffenes Wesen, das mit Würde, Einsicht und Freiheit ausgezeichnet ist, nicht allein für sich selbst und sein eigenes Wohlergehen lebt, sondern in der Beziehung zu Gott und zu seinen Mitmenschen den wahren Sinn seiner Existenz erfährt. Das, und eigentlich nur das, lehrte uns Jesus, dem wir in der dankenden Gemeinschaft begegnen.

Ebenso geht es um das Bewusstsein, in die weltweite Gemeinschaft der Christenheit eingefügt zu sein und deren Aufgabe zu erkennen: im Vertrauen auf Gott und das eigene Heil den Frieden der Menschen untereinander zu fördern und den Blick auf das Reich Gottes durch Einsatz für eine bessere Welt zu richten. Es geht um ein gemeinsames Handeln in umfassender Verantwortung für die Mitmenschen und für die Schöpfung sowie um die Achtung des Lebens in all seinen Erscheinungsformen.

Gemeinschaft

Aus den synoptischen Evangelien geht der ausdrückliche Wunsch und Wille Jesu hervor, dass möglichst häufig Feiern stattfinden sollen, in denen seine Botschaft ganz erkannt und angenommen wird. Sie sollen Ausdruck dessen sein, was für Christen Hoffnung des Glaubens bedeutet. Dabei werden die Dimensionen der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft eins – Eucharistie bedeutet nie nur Erinnerung, sondern immer auch lebendige Gegenwart und visionäre Perspektive.

Die von den christlichen Urgemeinden begangenen Feiern knüpften wohl an die Mähler an, die Jesus während seines ganzen Wirkens mit den Menschen gehalten hat. Sie bildeten die beim Letzten Abendmahl eingesetzte Mahlgemeinschaft mit ihm bereits ab und nahmen gleichsam das zukünftige himmlische Gastmahl im Reich Gottes vorweg. Da Jesus ohne Ansehen des gesellschaftlichen Ranges handelte (er hatte Tischgemeinschaft auch mit Zöllnern und Sündern), wurde von Anfang an ganz wesentlich die soziale Dimension des Glaubens verwirklicht: niemand, der am Tisch des Herrn teilnehmen will, soll ausgeschlossen werden.

Die unvorstellbare Ausbreitung des Christentums war nicht Erfolg kultischen priesterlichen Handelns, sondern einer beispielgebenden Gesinnung, die sich an Jesus orientierte. Die Gemeinschaftsfeiern der Christen haben dabei eine ganz wichtige Rolle gespielt. Im Blick darauf müsste auch heute jeder Gottesdienst ganz Wesentliches bewirken, nämlich das Sichtbarmachen und Vorleben christlicher Gesinnung und Lebensweise! Mit einer Mahlfeier, wie sie Jesus uns anvertraute und wie sie ursprünglich verstanden wurde, könnten also neue Wege beschritten werden, die wieder zu einem Glauben führen, der ganz und recht verstanden wird! Die heutige traditionelle, am Kultischen orientierte Liturgie vermittelt eher, dass es nicht auf das tägliche christliche Verhalten ankommt, sondern auf die sonn- und feiertägliche Teilnahme am Kult.

Die neuen Wege sollten aber nicht zu einem verfremdeten Glauben führen, wie er in zurückliegenden Epochen der Kirchengeschichte nach damaligen Vorstellungen konstruiert wurde. Vielleicht auch als Antwort darauf, dass die Kirche nach der Konstantinischen Wende von Opportunitäts-Christen überlaufen wurde, von denen sich die Amtsträger kultisch abkoppeln wollten. Damit wurden freilich alle anderen Gläubigen entmündigt, weil man sie alle der Halbherzigkeit verdächtigte. Die Eucharistiefeiern wurden fortan sohin dem Klerus („Uns, Deinen Dienern“) vorbehalten, die Laien zu „Herumstehenden“ degradiert.

Doch Christentum bedeutet Gemeinschaft. „Wenn du zum Gottesdienst gehst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann versöhne dich zuerst mit ihm. Dann komm und nimm am Gottesdienst teil.“ Dieser Mahnung folgend ist es unerlässlich, Gesinnung und Haltung des Glaubens auch im Alltag zu bewahren. Es ist Voraussetzung dafür, gemeinsam das Gedächtnis des Heilands auf rechte Weise und in rechter Gesinnung zu feiern.

Wenn man mit einem Wort das Handeln Jesu auf seinem Weg zusammenfassen wollte, so wäre es die liebevolle Begegnung. Er suchte diese mit allen Menschen, entgegen aller Vorurteile auch und gerade mit Ausgegrenzten, und dies auch im gemeinsamen Mahl. Ganz wesentlich geht es also in seiner Nachfolge um die Bildung von Gemeinschaft – um die der Feiernden, aber darüber hinaus um die mit allen Christen im nahen und fernen Umkreis und in der ganzen Weltkirche, ja sogar mit den Verstorbenen. Diese Gemeinschaft ist also eine wahrhaft universale, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich, da sie gewissermaßen das Hier und Jetzt in die Ewigkeit einfügt.

Nach Johannes sagte Jesus, dass er niemanden, der zu ihm komme, hinausstoßen werde. Der Ansatz dieses Dokuments, das zu authentischen Gedächtnisfeiern anregen will, ist sohin jedenfalls ein ganz und gar ökumenischer. Wir sehen die in der Gedächtnisfeier entstehende Gemeinschaft als eine alle Christen verbindende an, die uns ebenso wie die eine Taufe nicht nur mit Jesus, sondern auch untereinander vereinigt. Wir gehen deshalb davon aus, dass jeder Christ, der in aufrichtiger Intention mitfeiern möchte, teilnehmen kann und über Konfessionsgrenzen hinweg dazu herzlich eingeladen ist. Konfessionen sind als Ergebnis klerikaler Meinungsverschiedenheiten belanglos, wenn es um die Begegnung mit Christus geht!

Die Anwesenheit Christi – Brot und Wein

Zur Zeit Jesu war es üblich, dass der Gastgeber den ankommenden Gästen die Füße waschen ließ (es gab ja noch keine Straßen­reinigung) und ihnen dann zur Eröffnung des Mahls ein Stück Brot reichte, das er nach einem Segensspruch von einem Laib abgebrochen hatte. So handelte auch Jesus, wobei er nach Johannes die Fußwaschung als Zeichen seiner Gesinnung des Dienens selbst vornahm. Die Mahlfeiern der frühen Christen hielten sich natürlich an das Brotbrechen und stellten, wie die Didache als uns bekannte früheste Kirchenordnung darlegt, den Dank über Brot und Wein in den Mittelpunkt. Da Jesus selbst als Gastgeber angesehen wurde, bedurfte es keines Ritus, um seine Gegenwart erst herbeizuführen, also auch keiner „Wandlung“. So wurde es offenbar überall gehalten, aber abgesehen davon gab es bis weit ins zweite Jahrhundert keine einheitliche Form, sondern eine Vielfalt von Mahlfeiern.

Jesus hat nach dem Evangelium zugesagt, immer mitten unter denen zu sein, die in seinem Namen zusammenkommen. Sollte es von ihm nicht so ausgesprochen worden sein, gibt es immerhin die österliche Erfahrung der Jünger wieder, die wir in unser Leben mitnehmen dürfen und die uns hilft, die Botschaft Jesu zu hören, zu verstehen und umzusetzen, sowie an der Verwirklichung des Reiches Gottes mitzuarbeiten.

Diese Verheißung kann nur so verstanden werden, dass Christus während der gesamten Zusammenkunft der Seinen anwesend ist. Darauf sollte von der Leitungsperson am Beginn auch hingewiesen werden. Brot und Wein machen uns das besonders bewusst, weil sie uns die Worte Jesu „Das ist mein Leib“ und „Das ist mein Blut“ in jener Form „verinnerlichen“ lassen, die Jesus selbst gewählt und uns für das Gedächtnismahl aufgetragen hat. Damit erübrigt sich einerseits jede Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer „Anwesenheits-Verdoppelung“ Jesu, aber auch andererseits jeder Versuch, dem Geheimnis der Art und Weise von Christi Anwesenheit in Brot und Wein auf die Spur zu kommen. Die Katholische Kirche kam allerdings im Zuge ihrer theologischen Auseinander­setzungen zur Auffassung der sog. realen Präsenz Christi in der Eucharistiefeier. Sie lehrt eine Verwandlung der Substanz des Brotes bzw. Weines in die eines verklärten, also nicht körperlichen Leibes bzw. Blutes Christi durch die Worte des Einsetzungsberichts („Transsubstantiation“). Diesen geht in der lateinischen Kirche die Bitte an Gott um Verwandlung der Gaben durch den Heiligen Geist voraus, in den orientalischen Kirchen aber folgt sie ihnen.

Nach traditioneller kirchlicher Auffassung kann nur ein besonders (durch „Weihe“) qualifizierter männlicher Vorsteher den Einsetzungsbericht über die eucharistischen Gestalten von Brot und Wein in persona Christi sprechen, der damit zu „Wandlungsworten“ (“dies ist mein Leib“, „dies ist mein Blut“) wird. Im Gegensatz dazu ergibt sich schon aus den offiziellen Hochgebeten, dass es Gott ist, der diese Wandlung durch seinen Geist vollzieht. Darum ist ja auch die Wandlungsbitte („und verwandle sie durch Deinen Geist“) an Gott gerichtet und nicht etwa an den Vorsteher. Es ist also nicht einzusehen, warum diese Wandlungsbitte von Gott nicht erhört werden sollte, wenn sie von einer Gottesdienst-Gemeinde vorgetragen wird, der kein geweihter Amtsträger zur Verfügung steht. Ist denn Gott etwa gar (indirekt) durch das Kirchenrecht, das Eucharistiefeiern ohne geweihten Priester verbietet, gebunden? Es gilt doch: „Der Geist weht, wo er will.“. Der Priester ist kein heiliger Magier!

Zweifellos handelt es sich bei der Anwesenheit des Auferweckten in Wahrheit um eine spirituelle, die auch als solche durchaus real anzusehen ist, ebenso wie die des allgegenwärtigen Gottes!

Wenn Jesus in Brot und Wein erlebt werden will, geht es um seine dadurch dargestellte ganze Persönlichkeit, die durch das Zusichnehmen dieser Gaben begreifbar und greifbar wird. Dass dies möglich ist, ergibt sich aus Jesu Auftrag, „dies zu [s]einem Andenken“ zu tun. Wie es möglich ist, bleibt ein Geheimnis; und alle unterschiedlichen Deutungen dessen dürften daher auch nicht als „konfessionstrennend“ angesehen werden.

Der Vorstellung, dass sich Christus (und damit Gott selbst) „fortdauernd“ in der zu seinem Leib verwandelten Hostie befinde, und auch nach dem Gottesdienst im Tabernakel oder an einem anderen Ort „aufbewahrt“, sogar dort besonders geehrt („Eucharistische Anbetung“), aber auch verunehrt („in den Staub getreten“) werden könne, stellt eine Verdinglichung Jesu dar – hat er uns doch zugesichert, immer und vor allem dann bei uns zu sein, wenn wir in seinem Namen zusammen kommen. „Eucharistische Speisereste“ als Anbetungsgegenstand lassen sich aus Vermächtnis und Auftrag Jesu nicht ableiten. Die eucharistischen Gestalten dienen „zum Verzehr“ durch die am Mahl Teilnehmenden (so auch das Konzil von Trient!). Sie können nur zu diesem Zweck gegebenenfalls auch zu an der persönlichen Teilnahme Gehinderten (wie Kranken oder Gefangenen) gebracht werden. Eine nicht diesem Zweck dienende fortdauernde Anwesenheit Christi im Tabernakel entspricht keinem „geistlichen Bedürfnis“.

Gott ist nicht lokalisierbar und daher nicht an einer bestimmten Stelle oder in einem bestimmten Gegenstand anzutreffen. Salomo sagt in Bezug auf den errichteten Tempel: „Siehe, selbst die Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht, wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe.“ Gott, dem wir uns zuwenden, kann in unserem Herzen sein, ja in unserer ganzen Existenz, und er ist es in der gesamten Schöpfung („allerorten ist Dein Tempel, wo das Herz sich fromm Dir neigt“). Dafür bedarf es nicht der Hostie. Umgekehrt ergibt sich aber daraus, dass nur die (grundsätzlich persönliche) Mitfeier des eucharistischen Mahls die von Jesus intendierte besondere Teilnahme an seinem Leib und seinem Blut erlaubt, aber keine andere Gottesdienstform.

Es wurde bereits dargelegt: Die Eucharistiefeier bedeutet Dank und Gedächtnis des Lebens, des Handelns und Lehrens Jesu. In ihr wird keine Opferhandlung vollbracht oder eine solche vergegenwärtigt. Derartige Vorstellungen sind von einem Gottesdienst fernzuhalten, der im Sinne der Worte Jesu erfolgt. Er gab sich, insbesondere in seiner Verkündigung des schon mit ihm und seinen Nachfolgern hier auf Erden angebrochenen Reiches Gottes, selbst ganz und dann sein Leben für unser Heil hin. Im Vertrauen in den Vater, dessen bedingungslose Liebe er den Menschen bis zur letzten Konsequenz verkündete. Diese seine Haltung bedeutet für uns eine Verpflichtung und ebenso eine Hoffnung, die in seiner Auferweckung gründet, mit der er uns in das ewige Reich Gottes voran­gegangen ist.

Es soll schließlich noch die Frage beantwortet werden, ob der in der Katholischen Kirche verbreiteten Marienverehrung beim christusgemäßen Gottesdienst Platz gegeben werden soll. Für viele und vor allem Frauen ist die Verehrung der Mutter Gottes von Bedeutung und dem kann durchaus Rechnung getragen werden. Es ist allerdings zu fragen, ob tatsächlich zu Maria gebetet werden soll, sie möge etwa rettend in unser Leben eingreifen. Das ist selbst bei Gott nicht einfach so zu erwarten. Maria ist keineswegs gar die vierte göttliche Person, sondern ein begnadeter Mensch, dem im Heilsgeschehen eine besondere Aufgabe zukam.

Eigenes Tun

Dass die Herbeiführung der Präsenz des Auferweckten in der Eucharistiefeier einem geweihten und männlichen Priester vorbehaltenen wird, ist nicht biblisch begründet, sondern Ergebnis der stattgefundenen Kirchenerrichtung. Dazu hat der Umstand beigetragen, dass die Sorge für die Gemeinden immer mehr den jeweiligen Leitern (Bischöfen, Presbytern) überlassen wurde, für die sich daraus ein „Hauptberuf“ entwickelte. Aus dem Dienst aller für alle wurde so ein Amt von Wenigen. Aus der Pflicht, für Ordnung in der Eucharistiefeier zu sorgen, wurde das Recht, ihr allein vorstehen zu dürfen. Und aus der „Unerlaubtheit“ anderer Eucharistiefeiern wurde allmählich eine „Ungültigkeit“.

Was ursprünglich Maßnahme war, um einen geordneten Ablauf des Gottesdienstes bei einer größeren Teilnehmerzahl zu gewährleisten, wurde also zu einem Mittel, das der Kirche (d.h. aber: dem Klerus) das Monopol der Heilsvermittlung sichern sollte. Diesem Zweck entsprach ein über dem Kirchenvolk angesiedelter und mit alleinigen Vollmachten ausgestatteter heiliger Stand, eben der Klerus. Sehr bezeichnend für dessen „Eigen-Sicht“ ist, dass sich Papst Benedikt XVI auf die Aussage des heiligen Pfarrer von Ars über die Macht des Priesters berief: „Gott gehorcht ihm:

Er [der Priester] spricht zwei Sätze aus, und auf sein Wort hin steigt der Herr vom Himmel herab und schließt sich in eine kleine Hostie ein“.

Mag sein, dass man damit einst das Geheimnis der Präsenz auch dem einfachen Laien verständlich machen wollte. Die von Jesus beim Abendmahl gesprochenen Worte „Tut dies zu meinem Andenken“ richteten sich aber nicht an Priester, die es ja noch gar nicht gab, sondern an alle, die ihm nachfolgen. Die Taufe, die Christen als Ausdruck dessen empfangen, beruft sie zu einem mehrfachen Dienst, der den allgemeinen priesterlichen mit einschließt. Das verstehen wir so, dass wir wie die Urchristen, die dem Auftrag Jesu „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ Folge leisteten und noch keine Priester kannten, Mahlfeiern gestalten dürfen. (Die Vorstellung, die Apostel wären von Haus zu Haus geeilt, um beim „Brotbrechen“ präsidieren zu können, wäre lächerlich.)

Kirche ist dort, wo der Glaube an Christus ist. Paulus adressiert seine Schreiben „an die Kirche Gottes“ in den von ihm gegründeten Gemeinden, und diese bestanden aus Hauskirchen. Von ihnen ging das religiöse Leben aus. Die heutige Situation stellt die Dinge gleichsam auf den Kopf: Was in den Gemeinden geschieht, kommt von einer kirchlichen Obrigkeit und ist nachzuvollziehen. Damit ist das Geschehen in den Gemeinden in seiner Entfaltung gehemmt, besonders durch den Ausschluss von Frauen und verheirateten Männern vom vollen Dienst am Glauben.

Dazu kommt der Umstand, dass es immer weniger und auch immer weniger geeignete Priester gibt, die für den Gottesdienst einsetzbar sind. Gemeinden werden zusammengelegt und mit total überforderten Geistlichen mehr schlecht als recht „versorgt“. Das schreit geradezu nach Abhilfe! Wir müssen daher angesichts dieser Situation die Dinge selbst in die Hand nehmen und dürfen nicht darauf warten, bis die Kirchenleitung etwas unternimmt, um die sakramentale Notsituation zu beheben, und es ist fraglich, ob das überhaupt je vor dem Jüngsten Tag in Angriff genommen werden wird. Der entstanden Seelsorgenotstand ist nicht unabwendbares Schicksal, außer man vertraut sich und den Glauben nur einer geistlichen Obrigkeit an. Deshalb sehen wir sogar eine Pflicht zu seiner Behebung durch eigenes Handeln, wenn eine Kirche am Ort nicht mehr anders Zugang zu einer Eucharistiefeier hat.

Das hier Gesagte bedeutet keineswegs eine Absage an den geistlichen Dienst als Beruf und Berufung, sondern an das dysfunktionale System Kirche. Dieses sollte sich den Worten Jesu stellen, wonach jedes Tun an seinen Früchten zu erkennen ist! Wenn es eine Kirche der Zukunft gibt, wird sie Männer und Frauen, Familienväter und Mütter in den Dienst eines Glaubens stellen, der von jeder schädlichen Einengung befreit ist. Bis dorthin ist Selbsthilfe angesagt – im Sinne Jesu und seiner Gemeinschaft sowie unserer Verantwortung als Christen!

Das erfordert das Heraustreten aus der Rolle von Untergebenen und Bevormundeten. Christentum darf sich nicht auf den Empfang präparierter kirchlicher Heilsmittel beschränken, sondern muss aktiv sein. Die gleiche Würde und Aufgabe der Glaubenden muss auch in einem jesusgemäßen Gottesdienst ganz zum Ausdruck kommen! Jeder Teilnehmer einer Feier im Gedächtnis Jesu muss sich dabei einbringen und ihr keinesfalls nur „beiwohnen“. Männer und Frauen, die als Vorsteher fungieren, haben für einen richtigen Ablauf zu sorgen und in diesem Sinn zu leiten. Aber vorzustehen bedeutet wiederum nur einen Dienst, der davon lebt, dass die Gemeinde gemeinschaftlich an der Gedächtnisfeier mitwirkt.

Im Detail können neu gestaltete Gottesdienste natürlich unterschiedlich ablaufen, gemeinsam muss ihnen nur das Andenken an Jesus im gemeinsamen Mahl durch Gebet, Lesung, Gotteslob sowie die Segnung und den Verzehr von Brot und Wein sein. Wenn in der Folge dafür Empfehlungen vorgelegt werden, sind diese nicht als Vorgaben zu verstehen, schon gar nicht als eine Art von Missionierungs- oder Bekehrungsversuch. Viel des Angestrebten kann durch Erprobung in der Praxis erreicht werden. Es geht darum, dem Wunsch und dem Bedarf der Menschen zu entsprechen, dem immer noch vorhandenen Glauben nach dem Vorbild der jungen Christenheit auf sinnvollere Weise zu entsprechen als es in der konventionellen Messe geschieht. Bei dieser geht es in erster Linie um die Einhaltung bis in jedes Detail gehender Regelungen (Rubriken), womit auf Seiten der Teilnehmer jede Spontaneität ausgeschlossen ist. Das zeigt sich etwa in den von der Amtskirche oft vorfabrizierten „Fürbitten der Gemeinde“, was verhindern soll, dass von dort etwa „unangemessene“ Bitten vorgetragen werden.

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